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Melbeatz

Melbeatz

Portait Nr. 1111 geht an die Queen of Beats: Melanie Melbeatz Wilhelm. Rap steht und fällt mit seinen Produzent:innen, daher würdigen wir heute gebührend das 25-jährige Schaffen von Melbeatz. Einfach jede:r, die:der auch nur ansatzweise auf Hiphop steht, hat garantiert schon Tracks von ihr gehört. Mit ihren Beats legte sie den Grundstein für zahlreiche Hits, allen voran für ihren langjährigen Wegbegleiter Kool Savas und dessen Optik Records-Crew. Sie produzierte Kool Savas’ Debütalbum „Der beste Tag meines Lebens“, ebenso Eko Freshs Debüthit „König von Deutschland“, wenngleich dieser unmittelbar danach Optik Records verließ. Melbeatz veröffentlichte im Jahre 2004 ihr eigenes Debüt-Album „Rapper’s Delight“, welches Gastauftritte von Rappern wie Kanye West, Mobb Deep, Azad, Curse, Olli Banjo, Ol’ Dirty Bastard und Illmatic beinhaltet und Platz 32 der Album-Charts erreichte.

Die Connection zwischen Melbeatz und Kanye kam damals folgendermaßen ins Rollen: Mel war mit 100.000 Euro Vorschuss für ihr Projekt ausgestattet worden. „Ich hatte die Nummer eines Verlegers in den USA. Der hat mir damals Kanye West in New York vorgestellt: Hier ist der Produzent von Roc-A-Fella. Der hat gerade sein Mixtape draußen. Das muss 2003 gewesen sein. Ich konnte damals exklusiv ‚Through The Wire‘ hören, und außerdem produzierte er ja Jay-Z. Also dachte ich mir: ‚Ja, der ist nicht schlecht‘.“ Kool Savas hatte Kanye zu jener Zeit bereits genauer im Blick und sensibilisierte Melbeatz für das Zusammentreffen. „Ich hab‘ dann über Münztelefone Savas angerufen und ihm erzählt, dass Kanye mir angeboten wurde. Der meinte auch: ‚Ja ja, mach das, der ist cool, aber der soll ein bisschen schwierig sein.‘ Savas hat damals schon Kanye West-Interviews gelesen und gemerkt, dass er etwas eigenartiger ist.“ Melbeatz hat sich mit ihrem Besuch in New York anscheinend in Kanyes Gedächtnis eingebrannt, zumindest konnte er sich wohl lange nach dem Aufeinandertreffen noch an die Berlinerin erinnern. „Jahre später hab‘ ich mich wieder mit dem Verleger getroffen, der mir Kanye damals vorgestellt hat. Und er war kurz vorher mit ihm essen, der hat ihn wohl nach mir gefragt. ‚Erinnerst du dich noch an die Produzentin aus Deutschland? Die war die erste, die mich als Rapper bezahlt hat!‘ Bei ihm hab‘ ich wohl noch einen Riesenstein im Brett … 8.000 Dollar! Das war die beste Investition meines Lebens.“ Melbeatz ist die erste HipHop-Produzentin des Landes, „Rapper’s Delight“ macht deutlich, wo sich die Zukunft des Genres entscheidet: an den Reglern des Mischpults.

„Ich war ein glückliches Kind, obwohl es viel Stress gab und Gewalt; mein Vater hat meine Mutter geschlagen. Ich weiß gar nicht, ob meine Eltern das von Anfang an so mitbekommen haben, dass ich Musik gemacht habe. Ganz im Gegenteil, sie haben mir mal gesagt: ‚Ey Melanie, wir hätten gar nicht gedacht, dass aus dir noch was wird.‘ Sie haben das Musikmachen gut aufgenommen … Ab der 8. Klasse war ich im Graffiti-Umfeld, und ab dann hab‘ ich angefangen, die Schule zu schwätzen und war gar nicht mehr dort. Rückblickend bereue nicht, damals nicht in die Schule gegangen zu sein, ich liebe mein Leben, ich finde das so, wie es ist, geil. Deshalb ist das so, wie es war, für mich der richtige Weg gewesen. Ich war ein Asi, ja ganz offiziell! Ein wildes Mädchen auf jeden Fall, die auch mal ihre Meinung gesagt hat – und nicht nur gesagt (lacht). Das ist ein offenes Geheimnis, ich war echt asozial, früher. Aber auch immer gerecht, immer wild, laut und stark. Und ich musste mich auch viel behaupten, wenn man so viel mit Jungs abhängt. Die HipHop-Szene ist schon ein bisschen härteres Pflaster, aber für mich ist es voll okay. Ich bin ja selber hart. Für mich ist es nie ein Problem gewesen, und vielleicht deshalb fühle ich mich da auch so wohl. Ich bin jetzt nicht so ein zartes Pflänzchen.“

Melbeatz hatte nur wenig Lust aufs Pauken, neun Mal hat sie die Schule gewechselt und verfolgte dabei nur ein Ziel: im Leistungskurs HipHop als Erste abzuschließen. Es ist ihr gelungen: Mit „Rapper’s Delight“ ist sie die Klassenbeste. 14 exzellente Tracks und das halbe Dutzend hochkarätiger Gäste lassen keinen Zweifel daran aufkommen, wer an den Reglern von nun an die Regeln macht. In ihrer Credit-Liste stehen ebenso Eißfeld, Afrob, Samy Deluxe, Haftbefehl, Mia und Glasperlenspiel. Einige verdanken Mels stimmigen Beats und ihrem Produktionstalent hohe Chart-Positionierungen oder sogar Gold- und Platin-Auszeichnungen. 2004, 2005 und 2006 bekam sie einen JUICE-Award in der Kategorie „Bester Produzent“. 2007 und 2009 wurde sie bei den Hiphop.de Awards zum besten Produzenten gewählt. Auch war sie an der Entstehung der Soundtracks zu den Filmen „Let’s Break“ (Adil geht) von Esther Gronenborn, „Kings“ und „Knallhart“ von Detlev Buck beteiligt.

Zusammen mit der Sängerin Alexandra Prince war sie fester Bestandteil des Danceprojekts „Durstlöscher„. Das erste Musikvideo „Tanz bis zum Ende“ erschien 2012. „Bis zu dem Punkt habe ich nur für Savas produziert. Da war ich immer sehr limitiert vom Sound (80/90bpm wollte er immer). Zu dieser Zeit hat mich Rap auch richtig angekotzt, da war nur diese Bushido-Scheiße und so, nur dieser echt schlechte Straßenrap in den Kinderschuhen. Da hatte ich dann einfach keinen Bock mehr drauf. Da war dann auf einmal ein Beat bei 120bpm, und da hats bei mir Klick gemacht und ich dachte, warte mal, ich mach‘ jetzt einfach Mukke, auf die ich Bock hab‘ . Vom Manager von Alexandra Prince hab‘ ich mir dann zum ersten Mal was sagen lassen, und dann wurde das Album so deartig glatt gemacht. Daher war dieses Album echt wichtig für mich, um meinen eigenen Horizont zu erweitern. Und auch zu wissen, dass ich mir nicht mehr reinlabern lasse. Ich hab‘ danach mindestens ein Jahr gebraucht, um wieder einen korrekten HipHop-Beat hinzubekommen.“

2006 hat es Melbeatz auf die Titelseite der BACKSPIN geschafft. Hört rein in die Podcastreihe #BACKSPIN25, wenn genauer wissen wollt, warum der Ruhm die überzeugte Veganerin zu einem besseren Menschen gemacht hat.

Ich war ja schon immer so ein HipHop-Mädchen …“

… Auch bevor ich mit Savas zusammenkam. Ich hing eigentlich immer viel mit Typen rum, und von ihnen wurde ich wie ihresgleichen behandelt. Ich bin aber auch ein ‚Gerechtigkeitstyp‘ und ein ‚Haudrauftyp‘. Wenn mir jemand sagt: ‚Halt’s Maul‘, kriegt er definitiv einen gleichwertigen oder schlimmeren Konter von mir. Das ist auch keine Attitude, sondern einfach, wie ich bin. Das kommt wahrscheinlich daher, dass mein Vater damals immer meine Mutter geschlagen hat. Diese Ungerechtigkeit habe ich in meinem Leben nie zugelassen. Ich weiß nicht, ob ich als ‚Frau von Savas‘ eine Ausnahmestellung hatte, weil ich mit dem besten Rapper zusammen war und wir den Sound zusammen kreiert haben und man mich dadurch als vollwertiges, geschlechtsloses HipHop-Mitglied wahrgenommen hat. Cool war auch, dass der ‚Porno-Rapper‘ doch eine Freundin hat, die seine Beats macht. Was ihm wiederum die Legitimation als Künstler gegeben und ihn nicht als spätpubertierenden Idioten dargestellt hat.“

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Bei musikalischen Kollaborationen ergab sich nie eine Genderkampfthematik: „Die waren meistens super angetan von mir, so nach dem Motto: ‚Was, du machst diese Beats, ich kenne gar keine Frau, die Beats macht.‘ Aber, ja, es ist immer ganz hilfreich, wenn man nicht ganz aussieht wie eine Tonne. Ein Mix ist perfekt, sie finden dich geil, aber respektieren dich gleichzeitig. Und kommen höchstens auf die Idee, respektvolle Anspielungen zu machen. Die finde ich auch gut (lacht) … die meistgestellte Frage in Interviews von mir: ‚Warum, denkst du, gibt es so wenig Frauen im HipHop?‘ Ganz ehrlich, da fragen die die Falsche, denn ich bin hier und ich fühle mich wohl. Und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht. Ich bin sowieso nicht der Girlpower-Typ‘. Genauso wenig wie ich der Manpower-Typ‘ bin. Ich bin einfach der ‚Power to the people-Typ‘.

Es muss schon immer etwas Besonderes in einem Beat stecken.“

So Melbeatz auf die Frage nach dem Geheimnis ihrer Beats. „Auch total reduzierte und unfertig produzierte Sachen haben etwas Charmantes. Ich arbeite aber auch gerne mit vielen gelayerten Samples und komplexen Hi-Hat-Figuren. Mal so, mal so, das macht auch meinen Stil aus, mich nicht auf etwas festzufahren und versuchen, immer etwas anderes, neues zu kreieren. Im Gegensatz zu den meisten anderen Producern starte ich nicht mit den Drums, sondern mit den Harmonien oder einer Melodie. Das inspiriert mich mehr, und es profitieren die nachfolgend programmierten Drums.

Die Beats dürfen nicht gebitet sein. Wenn sich alles gleich anhört, ist das uncool.“

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