Es brauchte nicht einmal zwei Jahre und die Veröffentlichung von gerade einer Handvoll Songs, um aus einer Call Center-Mitarbeiterin DIE (!) Stimme „de el nuevo orden femenino“ (Sony Latin Music), also der neuen weiblichen Generation der sogenannten „música urbana“* zu machen. Was zu schön klingt, um wahr zu sein, ist jedoch in aller Kürze die Geschichte hinter Maria Juan aka Tokischa aus der Dominikanischen Republik!
Dabei hatte Maria Juan, damals noch Anfang 20, nie in Betracht gezogen, selbst Musik zu machen oder gar zu rappen bzw. zu singen. Viel eher brauchte es die zufällige Begegnung zwischen ihr und dem Regisseur sowie Produzenten Raymi Paulus (Paulus Music) vor zirka vier Jahren bei einem Fotoshooting: Begeistert von ihrer Energie und Ausstrahlung, animierte und überzeugte Paulus Maria recht schnell dazu, mit ihm einfach einmal ins Studio zu gehen. Das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten: Im Juli 2018 erschien die Debütsingle „Pícala“ zusammen mit Tivi Guz. Mit dem absolut freaky, abgespaceten Video, bei dem logischerweise Paulus Regie führte, Tokischas impulsiven Sound sowie futuristischen Vibes schlug die Single direkt wie eine Bombe ein – die Geburtsstunde einer der vielversprechendsten Latin Trap-Künstlerin dieser Tage!
Mit ihren powervollen Lyrics, in denen sie immer wieder unverblümt und direkt über Sex, Partys und den Genuss von Rauschmitteln rappt, ihrem unvergleichbaren Flow (Must Watch: „Freestyle #7“) und ihren abgedrehten, wandlungsfähigen Looks repräsentiert Tokischa nicht nur auf perfekte und ungezähmte Weise diese neue Riege an empowerten weiblichen „música urbana“-Künstlerinnen, wie unter anderem auch Gailen La Moyeta, Tomasa del Real, Dakillah und viele weitere, sondern setzt zudem klare Zeichen gegen Geschlechterstereotype sowie gesellschaftliche Normen. Gesellschaftliche Normen, die insbesondere Frauen in weiten Teilen Lateinamerikas noch aufzuzeigen versuchen, welche Verhaltensweisen für sie als angemessen gelten und welche nicht. Das kontert Tokischa provokant und selbstbestimmt in Songs wie zum Beispiel „Qué viva“ feat. Químico Ultramega, „Amor y dinero“ feat. El Jincho, „Empatillada” feat. Jamby el Favo oder dem Fe*male Empowerment-Brett „Perras como tú“ („Bitches wie Du“) zusammen mit Farina. Nicht ohne Grund schaffte es letztere auch auf den Soundtrack des amerikanischen Remakes von „Miss Bala“ (2019), in dem es – zugegebenermaßen etwas klischeehaft – um eine Lateinamerikanerin geht, die unverschuldet in die Machenschaften eines mexikanischen Kartells verwickelt wird.
Mit ihrem selbsternannten „Trapterretre“-Sound und ihrem durch und durch extrovertierten, empowernden Auftreten – checkt ihren Instagram-Feed! – eilt Tokischas Ruf ihr berechtigterweise schon jetzt weltweit voraus. Doch überzeugt Euch am besten einfach selbst! Wir können auf jeden Fall kaum erwarten, das hoffentlich bald erscheinende Debütalbum von Tokischa auf den Plattenteller zu werfen!
* Der Begriff „música urbana“ oder auch „urbano music“ gilt als eher lose definierter Sammelbegriff und transnationale Genrebezeichnung für spanischsprachige (oder zum Teil auch portugiesischsprachige) „urbane“ Musik, deren kommerzielle Popularität vor allem in den vergangenen Jahren im dominierenden englischsprachigen Mainstream-Musikbusiness zugenommen hat. Gemeint sind damit Stile bzw. Genres wie Reggaeton, Funk Carioca, Dembow, Latin HipHop / Trap, Dancehall, Champeta oder Latin R&B.