Bhad Bhabie

17. April 2020

Niklas Wilhelm

Autor

Karo Berndt

Illustratorin

Die aus Boyton Beach im US-Bundesstaat Florida stammende Rapperin ist wohl eine der kontroversesten Figuren, die unlängst aus der amerikanische Rap-Szene emporgekommen sind. Einem breiteren Publikum wurde die 2003 geborene Danielle Bregoli, wie Bhad Bhabie mit bürgerlichen Namen heißt, mit einem Auftritt in der amerikanischen Kult-Talk-Show Dr. Phil bekannt. Die Episode – nach einer Aussage von Bhad Bhabies Mutter benannt – trug den vielsagenden Titel „I Want To Give Up My Car-Stealing, Knife-Wielding, Twerking 13-Year-Old Daughter Who Tried To Frame Me For A Crime.“ Bregoli fiel im TV vor allem mit ihrem ausfallenden Mundwerk gegenüber ihrer Mutter sowie dem Diebstahl eines Autos noch während der Dreharbeiten auf. Als das Studio-Publikum über die Ausdrucksweise der 13-Jährigen zu lachen beginnt, droht sie den Anwesenden mit der provokanten Phrase: „Catch me outside, how about that?“ In kürzester Zeit wird der Auftritt zu einem der meistgeteilten Memes des Jahres und Bregoli als das „Catch me Outside“-Girl weltbekannt.

Von dem ganzen Internet-Trubel bekommt sie jedoch nichts mit. Im Anschluss an die Show wurde Bregoli direkt zu einem Aufenthalt auf einer Erziehungs-Ranch in Utah verdonnert. Ohne Handy, ohne Internet, ohne soziale Kontakte, verschwand sie vier Monate lang vollständig von der Bildfläche. Wieder zuhause angekommen, wurde sie aus dem Nichts mit über 500.000 Instagram-Abonnenten und einer nicht enden wollenden Lawine an Memes konfrontiert. Es folgen eine Trotzreaktion und eine Verurteilung zu fünf Monaten auf Bewährung wegen Diebstahls, Marihuana-Besitzes und Falschaussage. Noch während des laufenden Prozesses bekommt sie 2017 einen Plattendeal, der auf mehrere Millionen Dollar dotiert ist. Eine Single hatte Bregoli zu dem Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht. Die ersten klassizistischen Anfeindungen, die sie seit dem Dr. Phil-Auftritt verfolgen, verwandeln sich in einen riesigen Shitstorm, sowohl gegen ihr neues Label Atlantic Records, aber vor allem gegen Bregoli selbst. Selbst in einem Land, das den Slogan „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ bis zum Geht-nicht-mehr propagiert, wird es anscheinend doch nicht so gern gesehen, wenn eine Person, die von der Gesamtgesellschaft den Stempel White Trash aufgedrückt bekommen hat, auf einmal und dann auch genau mit dem Bedienen sämtlicher Stereotypen, die dieser sozialen Schicht anhaften, zur Millionärin wird.

Der Musik-Karriere schadet das Drumherum zunächst allerdings nicht. Mit ihrer ersten Single „Three Heaux“ – sprich „Three Hoes – steigt Bhad Bhabie direkt auf Platz 77 der Billboard-Charts ein und wird damit zur jüngsten Rapperin, die jemals den Sprung in die in die Single-Charts schaffte. Den Hits „Hi Bitch“ und „Gucci Flip-Flops“ folgen eine Welttournee und im September 2018 schließlich ihr Debut-Mixtape „15“. Auf der Platte reiht Bregoli allerdings nicht nur am Reißbrett geplante Hit-Formeln aneinander, sondern schafft es gerade im Outro des Albums auch, persönliche Geschichten aus der kulturell oft völlig missachteten weißen Unterschicht zu erzählen. Und: Trotz der Tatsache, dass Bhad Bhabie vor ihrem ersten Studiobesuch noch keine einzige Silbe gerappt hatte, trumpft die mittlerweile 17-Jährige mit einem beachtlichen Flow und starker stimmlicher Performance auf.

Medial wird „15“ dennoch sehr kontrovers diskutiert. Auch wenn eigentlich nirgends bestritten wird, dass Bhad Bhabie eine rundum gelungene Rap-Platte abgeliefert hat, wird ihr doch vorgeworfen, lediglich als Gewächs der Industrie durch vom Major-Label eingekaufte Features und Type-Beat-Produktionen zu funktionieren. Auch stellt sich die Frage, ob ihr extremer Straßen-Slang, der bereits seit ihrem ersten Auftritt im US-Fernsehen so etwas wie ihr Markenzeichen geworden ist, nicht einfach rücksichtslos aus der schwarzen Kultur adaptiert und gestohlen wurde. Bhad Bhabie weist solche Anschuldigungen von sich. Ihre Ausdrucksweise sei in feinster Weise aufgesetzt, um daraus Profit zu schlagen, sondern lediglich das Resultat ihrer prekären Lebensrealität.

Toni Blackman

Myam Mahmoud

Keny Arkana

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