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Cachita

Cachita

HipHop, Latin, Pop und Soul scheinen auf den ersten Blick in etwa so gut zusammenzupassen wie Rap und Gesang oder Englisch, Spanisch und … Schwyzerdütsch?! Wer sich mit dem Brückenschlag zwischen all diesen vermeintlichen Gegensätzen schwer tut, sollte sich dringend Cachita vorstellen lassen. Sie verbindet all das dermaßen smooth, dass man fast glaubt, Kuba sei ein weiterer eidgenössischer Kanton.

Tatsächlich hat Gabriela Mennel, geboren 1999 als Tochter einer kubanischen Mutter und eines schweizerischen Vaters, beides im Blut: die Karibik und die Alpen. Vielleicht gelingt ihr der Spaziergang zwischen musikalischen und kulturellen Welten deshalb so mühelos. Weit mehr Probleme bereitet ihr dagegen, sich festzulegen. Auf die Frage, was als nächstes zu erwarten stehe, zuckt sie nur etwas hilflos die Schultern und verspricht: Überraschungen.

Eine solche, noch dazu faustdicke, bescherte sie 2022 dem Publikum der Bounce-Cypher. Als sie bei dem Live-Rap-Battle-Format ans Mic steppt, hatte sie sich zuvor eigentlich eher mit melodiösem Latin-Pop einen Namen gemacht. Um so heftiger trifft der verbale Roundhouse-Kick, mit dem sie rappend gegen die (meist maskuline) Konkurrenz austeilt, selbige mitten in die Fresse. Mutterkomplexe, Realitätsverlust und Identitätsprobleme diagnostiziert Cachita, und beklagt Sexismus und Homophobie in der eidgenössischen Rap-Szene. Fragile Männeregos zerbröseln reihenweise unter ihrer Wortgewalt, die versprochenen „Nastücher“ dürften reißenden Absatz finden.

Spätestens nach diesem Auftritt ist Cachita in der Schweiz in aller Munde, auf den großen Festivalbühnen, beim Zürich Open Air und beim Frauenfeld, steht sie sowieso im Line-Up. Der Weg hierher begann allerdings schon viel früher: in Wald, einem Nest in der Nähe von Zürich. „Bei uns im Haus lief immer Musik. Immer“, erzählt sie im Interview mit 20 Minuten. „Und es wurde viel getanzt. Latino-Blut, halt.“ Ihr Faible für lateinamerikanische Musik erklärt sich also von selbst, Musik macht Gabriela, seit sie denken kann. Sie singt im Kinderchor, mit dem sie erste Bühnenerfahrungen sammelt, und lernt zudem mehrere Instrumente zu spielen. Ein Leben ohne Musik? „Scheiße“, kommentiert sie diese Vorstellung im Zehn-Fragen-Interview mit dem Lyrics Magazin.

Den HipHop bringt die neun Jahre ältere Schwester ins Spiel. Mit ihr zusammen guckt Gabriela MTV, begeistert sich für 50 Cent und Nelly, singt und rappt die Texte mit und denkt sich Choreografien dazu aus. Bei ihren ersten Rap-Versuchen ist sie zwölf, wenig später schreibt sie bereits an eigenen Lines, die sie als Möglichkeit entdeckt, um ihre Gefühle auszudrücken. Weil ihr die sehr wichtig sind: nur logisch, dass sie sie in den Sprachen verfasst, die sie fließend spricht – Spanisch und eben Schwyzerdütsch. Als beste Übung bezeichnet sie später übrigens Chats mit Freundinnen, in denen sie sich spielerisch möglichst derbe per Textnachricht beleidigten: offenbar ein guter Nährboden für Punchlines.

Da der erklärte Traum, von der Musik leben zu können, noch in weiter Ferne schwebt, tritt Gabriela erst einmal eine Lehrstelle an. Sie lernt Mediamatikerin, in der Schweiz ein Ausbildungsberuf irgendwo zwischen Informatik, Marketing, Projektmanagement und kaufmännischem Gedöns. Schon während sie noch an ihrem Abschluss feilt, tritt Gabriela unter genau diesem Namen, Gabriela, beim Wettbewerb Band-It an (den sie gewinnt) und nimmt eine erste, fünf Tracks starke EP namens „Mixed Eloquence“ auf. Weitere sollen folgen, allerdings unter anderem Pseudonym. Als Künstlerinnennamen wählt sie Cachita, eine Kurzform ihres Mittelnamens de la Caridad, der wiederum eine Verbeugung vor der Schutzpatronin Kubas darstellt, der Virgen de la Caridad del Cobre.

Musikalisch driftet Cachita, die inzwischen eine Stelle als Moderatorin beim SRF-Sender Virus angetreten hat, zunehmend weg vom HipHop, hin zu poppigeren, R&B-lastigeren Latinsounds. Wer allerdings dachte, sie habe Rap den Rücken gekehrt, muss sich 2022 bei der erwähnten Bounce-Cypher eines Besseren belehren lassen. In dieser Frau steckt immer noch eine Rapperin, und was für eine!

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Ihr Selbstbewusstsein führt Cachita auf die Vorbilder zurück, mit denen sie umgeben war. Ihre Mutter, die Großmütter, die ältere Schwester haben ihr vorgelebt, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: dass auch Frauen meinungsstark auftreten und Haltung zeigen können. Für entsprechend wichtig hält Cachita weibliche Role-Models und plädiert entschieden für mehr Sichtbarkeit von Frauen in der Musik- und speziell der Rap-Szene: „Wir brauchen mehr Künstlerinnen, die die Plattformen und Reichweite bekommen, die sie verdient haben“, erklärt sie gegenüber dem Boulevardblatt Blick. Im Gespräch mit der Neuen Zürcher Zeitung führt sie noch deutlicher aus:

Man sollte nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Aber wir wären schon viel weiter, wenn sich alle einmal die Frage stellen würden, ob und weshalb man in seinen Texten Frauen diskreditiert.“

Cachita gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung

Amen! Auch wenn Cachitas Stern beständig steigt: Bis zu ihren Wunschfeatures Rihanna und Jorja Smith dürfte es noch ein weiter Weg sein. Macht aber nix! Auch im Team mit anderen schweizerischen Newcomerinnen macht sie eine hervorragende Figur. Wie hier im Tag-Team mit Gigi:

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