Queere Vorbilder und Representatives in der Rap-Szene: Wie viele fallen einem ad hoc so ein? Genau diesen Gedanken hatten 2018 auch Gale Rama aka Vuige Muis und Sterresoet van Schooten aka Skerrie Sterrie aus den Niederlanden. Sie verbindet nämlich nicht nur die Liebe füreinander, sondern auch die Liebe zur HipHop-Kultur und insbesondere zur Rap-Musik. Wirklich repräsentiert fühlt sich das Paar in der lokalen Szene allerdings nicht, schon gar nicht in den Songtexten, die queere Liebe zwischen Frauen so gut wie nie empowerend adressieren. Eigentlich im Bereich der Fotografie und des (Mode-)Designs aktiv, beschließt das Duo kurzerhand, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und sich fortan auch musikalisch für die Sichtbarkeit und Darstellung von Homosexualität in der Popkultur einzusetzen. Was ihnen bis dahin bereits mit ihren Bildern gelingt, kann doch in Form von Rap-Musik auch nicht so schwer sein: der Startschuss und die Geburtsstunde für LIONSTORM, das erste queere Rap-Duo in den Niederladen!
Gleich mit ihrer ersten Single „No H8ro“, was übersetzt „Kein Hetero“ bedeutet und als Front zum genretypischen „No Homo“ interpretiert werden kann, setzen beide Künstlerinnen ein empowerendes Statement: „Ala sa mi taki: no h8ro […] ala sa mi wani: no hate“ (dt. „Alles, was ich sage: kein Hetero […] Alles, was ich will, ist kein Hass“). Mit dem Track liefern LIONSTORM nicht nur sexy progressive Lyrics, sondern beweisen auch ihr ästhetisches Feingespür:
Sterke vingers van het knippen / Ga ze in je inktpotje dippen / Schrijf een haiku op je lippen / Luister schatje van mijn tongval ga je trippen / Ik ga te snel zal het even vertragen / Ik ga je lekker lalalalalalalalalaten slapen.“
Lyrics zu „No H8ro“
„Starke Finger zum Schneiden / Tauche sie in ihr Tintenfass / Schreibe ihr ein Haiku auf ihre Lippen / Hör zu, Baby, meine Zunge wird dich zum Stolpern bringen / Gehe ich zu schnell, werde ich langsamer / Ich lasse dich gut schlafen lalalalalalalalala.“
Ihr einzigartiger, zum Teil aggressiv-provokanter, selbstbewusster Stil macht sich nicht nur auf textlicher Ebene bemerkbar, wie zum Beispiel im Song „WTJMDZ“ mit der catchy Hook „Wacht tot je m’n dick ziet“ (dt. „Warte, bis du meinen Schwanz siehst“). Für beide steht fest, dass es keinen Grund gibt, mit ihrer Sexualität weniger offensiv umzugehen als die männlichen Rap-Kollegen es in ihren Texten tun. So wissen Vuige Muis und Skerrie Sterrie auch in puncto (Bühnen-)Outfits bei ihren Performances und vor allem in Bezug auf ihre Visuals in ihren Musikclips zu überraschen und zu überzeugen.
Wat ons in beweging bracht is het feit dat we veel kanten van onszelf terugzagen in de hiphop scene maar er was één kant was die we steeds niet gerepresenteerd zagen in de Nederlandse mainstream hiphop scene. Dat is waar wij als underdogs binnenkomen. LIONSTORM wil een gemiste stem toevoegen aan de mainstream hiphop.“
Im Interview mit Winq
(dt. „ Was uns bewegt hat, ist die Tatsache, dass wir viele Seiten von uns selbst in der HipHop-Szene gesehen haben, aber es gab eine Seite, die wir in der niederländischen Mainstream-HipHop-Szene nicht repräsentiert gesehen haben. Hier kommen wir als Außenseiter ins Spiel. LIONSTORM will dem Mainstream-HipHop eine vermisste Stimme hinzufügen.“)
Glücklicherweise hat das Rap-Duo mit Punk-Attitüde in den letzten Jahren einige Tracks sowie 2021 sogar eine EP mit dem Titel „The Threesome EP“ gedroppt, auf der Artists wie MEROL, Deejay Abstract oder Rachel Green Featureauftritte haben. Zwar könnten Songs wie „Emo Track“, „Vies“ oder „Triogamie“ soundästhetisch nicht unterschiedlicher ausfallen, in der Gesamtheit kann man jedoch nur sagen: LIONSTORM stellen genau das queer-feministische Rap-Duo dar, von dem du nicht wusstest, dass du es brauchst, bist du es zum ersten Mal gehört hast. It’s the whole package for us!
Very neat postMuch thanks again