Missbrauch, Drogenkonsum, Gewalt, Rassismus. Die Themen, die Mercedes Bentso in ihren Texten verarbeitet, sind genauso hart wie die Vergangenheit der Rapperin selbst. Inzwischen hat die Finnin diese nicht nur in mehreren erfolgreichen Singles und zwei Alben, sondern auch in zwei Büchern verarbeitet. Die Leser:innen des Magazins Me Naiset wählten die 27-Jährige auch deshalb im letzten Jahr zu einer der inspirierendsten Frauen des Jahres – und das zu Recht.
Linda-Maria Roine, so ihr bürgerlicher Name, wurde 1993 in Ost-Helsinki geboren. Als Roma mit albanischen Wurzeln wuchs sie als Kind einer alleinerziehenden Mutter auf. Freunde hatte sie kaum, dafür viel Erfahrung mit Mobbing. So brach sie schon im ersten Jahr die Highschool ab.
Besonders die fehlende Vaterfigur machte der jungen Rapperin oft und schwer zu schaffen. „Ich habe sehr viel Wut und Bitterkeit darüber empfunden, dass ein anderes Mädchen eine gute Beziehung zu ihrem Vater hat, ich aber nicht. Ich glaubte, dass sich niemand für mein Schicksal interessierte, schon gar nicht mein Vater“, sagte Mercedes Bentso im Interview mit der Zeitung Meinaiset. Als ihr Vater die Familie verlässt, ist Bentso zwei Jahre alt. Der Grund: sein unüberwindbares Drogenproblem. Ein Thema, mit dem auch seine Tochter noch zu kämpfen haben sollte.
Es war ein Schock, ihn so zu sehen. Es war beängstigend und verwirrend. Das warme Bild von Papa verschwand in diesem Moment und verwandelte sich später in Scham.“
Mercedes Bentso im Interview mit der Zeitung Meinaiset
Die Suche nach einer Vaterfigur prägte die 27-Jährige. Oft machte sie dies für viele Misshandlungen und Ungerechtigkeiten in ihrem Leben verantwortlich. „Ich habe mich von Männern überrumpeln lassen und mich in gefährliche Situationen gebracht, weil ich zwanghaft nach einem Vater und dessen Anerkennung gesucht habe“, erklärt sie.
Im Alter von 15 Jahren wuchs ihr Interesse am Rap, nachdem sie Texte von Steen1 gehört hatte. Der Rapper zählt noch heute zu ihren größten Inspirationen. Im Jahr 2011 kontaktierte sie HipHop-Produzent Pyhimys und sie beschloss, sich vollständig auf die Musik zu konzentrieren.
In dieser Zeit hatte allerdings nicht nur Pyhimys einen großen Einfluss auf die junge Rapperin. Auch ihr drogenabhängiger Freund, den sie bereits in der Highschool kennengelernt hatte, war noch Teil ihres Lebens. So begann sie, früh mit Drogen zu experimentieren, wie die Zeitung Menaiset schreibt. Zudem misshandelte ihr Freund sie jahrelang. Dieser Schicksalsschlag gab der Rapperin schlussendlich die Motivation zur Nüchternheit. Sie machte 2012 eine Therapie und ist seitdem clean. In diesem Jahr versöhnte sie sich zudem mit ihrem Vater und brachte ihre erste Single „personal raineri“ (Persönliche Regenerierung) heraus. Der Song erzielte innerhalb weniger Wochen über 20.000 Klicks und wurde bis heute mehr als 300.000 Mal angehört.
Es folgten weitere Singles und im Jahr 2017 das erste Studioalbum „Ei koskaan enää“ (Never again). Im September 2018 wurde ein Dokumentarfilm über die Rapperin auf dem Helsinki International Film Festival aufgeführt. Dieser beschäftigt sich mit dem Leben der Künstlerin und ihrem Album.
Auch auf ihrem 2019 erschienen zweiten Longplayer „Joka ikinen yö“ (Every Single Night) erzählt sie weiterhin von ihrem harten Leben, unter anderem von dem Missbrauch in der Kindheit, ihren psychischen Problemen und dem schwierigen Weg zur Nüchternheit. Auf dem Album ist zudem der Song „Isä“ (Father) zu hören. Darin nimmt sie von ihrem inzwischen verstorbenem Vater Abschied und rappt über die Schmerzen seiner Abwesenheit in ihrer Kindheit.
Neben dem Rap verarbeitete Mercedes Bentso ihre Erfahrungen in zwei Büchern: „Mercedes Bentso – ei koira muttei mieskään“ (Mercedes Bentso – No Dog but no Man) und „Mercedes Bentso – Totuus ja tunnustus“ (Mercedes Bentso – Wahrheit und Bekenntnis). Ihr erstes Buch wurde über 15.000 Mal verkauft. Beide Bücher sind ein voller Erfolg.