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Pussy Riot

Pussy Riot

Happy Birthday, „Punk Gebet“. Vor zehn Jahren treten drei junge Frauen das erste Mal ins Weltbewusstsein. Ihr Auftritt auf dem Altar der Christ-Erlöser-Kathedrale geht regelrecht viral. Dort beschuldigen sie in neonbunten Sturmhauben den Patriarchen, Putin statt Gott anzubeten, und kritisieren damit die Verwobenheit des Kremls mit der russisch-orthodoxen Kirche. Daraufhin werden sie festgenommen und in Haft gesteckt. Ein Name geht quer durch die Schlagzeilen: PUSSY RIOT! Gegründet als Punkband und Gruppe von Aktivist:innen, machen sie auf Missstände in Russland aufmerksam. Sie hassen Putin und lieben alles, das queer ist, viele Mitglieder des Kollektivs sind selbst lesbisch oder schwul. 

Mittlerweile sind fast alle Aktivist:innen der Gruppe aus Russland geflohen. Mal ganz unspektakulär mit einer Ausreise, getarnt als Urlaub, mal verkleidet als Lieferanten und weiter mit gefälschten Pässen, als handle es sich um einen Bewerbungstest für eine Stelle beim KGB. Aber warum schreibe ich hier überhaupt über eine Punkband? Fälschlicherweise verbreiten die Medien das immer noch genau so, sei es aus mangelnder Recherche oder fehlendem Interesse an Musik. Dabei gab es PUSSY RIOT nie als festgelegte Konstellation auf der Bühne. Im Mai 2022 tourte Masha Alekhina, nachdem sie, wie bereits erwähnt, aus ihrem Hausarrest geflohen ist und den russischen Staat verlassen hatte, durch Europa, um auf die Situation in der Ukraine aufmerksam zu machen – ohne Nadya Tolokonnikova, um die es hier hauptsächlich gehen wird und die seit einigen Jahren in den Vereinigten Staaten lebt. PUSSY RIOT bleibt ein fortlaufendes und sich immer weiterentwickelndes Projekt. Der Punk gehört zum Konzept, in den letzten Jahren hat sich der musikalische Stil jedoch immer wieder gewandelt. Als alleinige Genrezuschreibung erscheint Punk nun echt nicht mehr aktuell. PUSSY RIOT stehen viel mehr für experimentellen Sound und literarische Bühnenshow. Sie machen Pop, EDM, R&B, HipHop und Trap, und all dem stellen sie ab und zu auch Punk voran. 

Seit Nadyas Exil in den USA gibt es bereits das ein oder andere Rapfeature und von ihr selbst gerappte Parts. In einem Staat aufgewachsen, dessen Präsident versucht, das Patriarchat in seiner reinen Form wiederherzustellen, zieht sich dieses Thema als roter Faden durch die Texte. Das erste Mal flowt Nadya im Track „SEXIST“ zusammen mit der russischen Rapperin HOFMANNITA. Darauf folgt ein Feature auf dem Track „Mind Yo Bizness“ der aus den Staaten stammenden Band HO99O9, auf dem Nadya ebenfalls mit einem russischsprachigen Rappart vertreten ist. Ganz aktuell findet sich auch die Künstlerin SLAYYYTER im Track „HATEFUCK“ zwischen den berühmten Sturmhauben wieder. Wo PUSSY RIOT draufsteht, ist auch PUSSY RIOT drin. Wer blind in diese drei Tracks reinhört, wird schnell merken, dass Punk nicht (mehr) dominiert … oder ist HipHop nicht auf irgendeine Art und Weise auch Punk? Diese Diskussion taucht immer wieder auf. Wenn es auch musikalisch und kulturell deutliche Unterschiede zwischen beiden Bewegungen gibt, liefern PUSSY RIOT vielleicht einen Beweis dafür, dass sie zumindest miteinander verwandt sind. Egal, was in Zukunft noch passieren wird: Wir können uns darauf verlassen, dass PUSSY RIOT niemals ihre Stimme und ihre Power verlieren werden. Grund genug, um das Projekt weiterhin im Auge zu behalten. 

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