Konzerte spielen ist gerade nicht. Die Kölner Rapperin Liser hat ihre Bühne also wie so viele ins Internet verlegt – aber nicht in Form eines verwackelten Online-Streams, sondern als Promo-Tour auf Tinder. Mit knapp 9000 Matches. Ein Feature von Johannes Floehr.
Wohnt man dieser Tage in Köln, ist jung und auch noch Rapperin, geht es einem aktuell trotzdem wie uns allen: Man ist viel alleine und überlangweilt. So auch Liser aus Köln. Als Künstlerin braucht sie aber natürlich trotzdem Aufmerksamkeit, Bestätigung und Publikum für ihren selbstiroinschen Autotune-Rap. Doch wie nun all das kommen in diesen Zeiten, in denen man Applaus mindestens so sehnsüchtig vermisst wie HSV-Fans sportlichen Erfolg? Sie hat nachgedacht. Und dann hatte sie diese Schnapsidee einer Promo-Tour im Internet. Genauer: auf Tinder. Logisch, schließlich hängen dort all diejenigen rum, die auf der Suche nach etwas Neuem, Aufregendem sind. Womit jetzt nicht in erste Linie Rap-Musik gemeint sein dürfte, aber wen interessieren schon Regeln? Außerdem, wer kopulieren will, der hört doch auch gerne Musik – oder nicht? Ein neues Kapitel im großen Buch, nein, eBook des digitalen Marketings.
#matchmeifyoucan
Mithilfe der im April kostenlos nutzbaren „Reisepass“-Funktion der App kann man sich datingmäßig in sämtliche Städte des Globus manövrieren und Matches sammeln. Und exakt das hat Liser nun getan. Inklusive Tourplan und -terminen, alle zwei Tage eine neue Stadt. Hauptsächlich deutschsprachige Großstädte wie Köln, Wien und Hamburg werden von ihr „bespielt“, aber am 22. Mai stand auch Werschau auf dem Plan, ein Ort in Hessen mit 771 Einwohnern und vielleicht jetzt Liser-Hochburg. Ausgewählt wurden die Städte einerseits wahllos aufgrund ihrer Größe, andererseits durch Vorschläge ihrer Followerschaft auf Twitter. Hashtag #matchmeifyoucan. Wie läuft so ein, nennen wir es mal „Gig“, denn eigentlich ab? Werden wahllos alle nach rechts gewischt? Dazu sagt Liser: „Ja klar. Jeder Mensch hat sich, ausschließlich mit der eigenen Existenz, das Recht erarbeitet meine Musik zu hören.“
„Was suchst du hier?“ – „Fans.“
Dass Liser dabei nicht auf der Suche nach neuen Sex-Partner*innen oder Freundschaften ist, sondern knallharte Promobetreibt, erfährt auch jede*r, der/die sich ihr Profil genauer ansieht. Denn dort stehen neben den Sätzen „Ich will nur, dass ihr meine Musik hört“ und „meine DMs sind öffentlicher Raum“ auch Informationen zu ihren Kanälen in den Sozialen Netzwerken. Das zweite Profilbild ist ihr Tourplakat. Nicht jedes Match versteht dies sofort, wie Liser erklärt: „Auf jede ‚Was suchst du hier‘-Nachricht antworte ich konsequent mit ‚Fans‘, um niemandem falsche Hoffnungen zu machen. Bei dem Ein oder Anderen, der mir in die DMs geslidet ist, tut mir das sogar ein bisschen in der Libido weh, aber ich bin verheiratet mit dem Business.
Aber wie viele Matches sammelt man denn nun auf so einer Tour? „Aktuell sind knapp 9.000 Matches“, so Liser. Das klingt nicht nur viel, sondern ist vielleicht sogar Weltrekord. Sucht man nach dem bisherigen Match-Höchstwert, so stößt man auf ein österreichisches Model, die 2017 den Rekord für sich beanspruchte – mit 5.400 Machtes. Da kann Liser natürlich nur drüber lachen. „Ich habe mich auch schon bei Guinness World Records gemeldet, mal schauen, ob und was sie mir antworten.“
Hämische Kommentare & unangenehme Anmachsprüche
Apropos Antworten: Liser berichtet, die Rückmeldungen auf Tinder selbst hätten sie überrascht. Und zwar positiv. Schließlich erwarte man dort ja hämische Kommentare und unangenehme Anmachsprüche. Und natürlich wären die auch gekommen: „Ich würde aber lieber dich hören als deine Musik“ oder “Ich hör deine Musik, wenn du mit mir schläfst“ schrieb man ihr, aber insgesamt habe sie überwiegend liebe Nachrichten bekommen, vor allem von Frauen, die die Idee lustig finden und sich daraufhin ihre Musik anhörten. Da seien auf jeden Fall ein paar neue Fans dazugekommen, sagt sie. Aber: „Was mich aber fuchsig macht, sind die vielen ‚mach weiter so!‘-Nachrichten. Ich verstehe, dass das nett gemeint ist. Aber Thomas, ich hätte auch weitergemacht, wenn du’s scheiße fändest.“
„Ich hätte längst eine Sehnenscheidenentzündung“
Der Großteil der Nachrichten wären aber ein stinknormales „Hey“ und diese habe sie dann auch ignoriert, „sonst hätte ich längst eine Sehnenscheidenentzündung“. Weitere Beobachtungen nach fast 9.000 Matches: „Viele Jungs setzen auf ‚Verwirrung‘, indem sie einfach komplett random Nachrichten droppen und darauf hoffen, dass man nachfragt was sie von einem wollen.“ Auch Selbstzweifel scheinen regelmäßig vorzukommen, denn viele schrieben ihr die Frage, was ihr denn an ihnen gefallen habe. „Was soll man denn darauf antworten?“, fragt Liser und berichtet auch vom komplett gegensätzlichen Typus Mann: „Mein absoluter Favorit ist ‚Ich will direkt offen und ehrlich sein, weil ich bin einfach so ein toller Typ, aber ich will nur ficken‘. Das strotzt einfach so geil von Selbstgerechtigkeit und ‚Ich bin ein charmanter Prinz und guter Kerl uga uga firken‘. Ich bin absolut kein Hater von Casual Sex, aber halt mit Leuten, die ich leiden kann und dafür ist sowas sicher nicht hilfreich.“
Und wenn sie mal zwei, drei Tage nicht „tourt“, dann bemerkt sie das auch in ihren Statistiken bei Spotify: „Dann gehen die Zahlen zurück. An den Tagen mit den meisten Matches hören auch die meisten Leute meine Musik, das ist auf jeden Fall so“, berichtet sie. Auch einen Veranstaltungstechniker sowie einen Videoproduzenten habe sie bereits kennengelernt. Ob daraus Kollaborationen entstehen? Abwarten. Liser, die auch schon Battle-Rap-Erfahrungen gesammelt hat, plant aber auf jeden Fall, ihre Erfahrungen bei der Tour auch musikalisch zu verarbeiten. Passenderweise heißt das Album, an dem sie gerade arbeitet auch: „Songs über Jungs“. Wird die Promo-Tour dafür vielleicht demnächst auch ausgeweitet, zum Beispiel auf Bumble oder OkCupid? „Sobald ich 5-10 willige Praktikant*Innen gefunden habe, wird die Tour auch auf alle anderen Plattformen ausgeweitet. Tinder stürzt bei mir aufgrund der ganzen Matches auch die ganze Zeit ab oder funktioniert nicht richtig.“ Na dann, auf geht’s.
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