Feliz 4/20 […].“
Mit diesen Worten gratuliert Sativanderground ihren Follower:innen auf Instagram zum internationalen Welt-Cannabis-Tag. Als die ersten Zeilen dieses Portraits zustande kommen, schreiben wir den 20. April 2022. Durchaus passend, an diesem Tag über eine Künstlerin zu berichten, die die bekannteste Cannabis-Sorte im Namen trägt.
Doch die junge Rapperin aus Chile steht für viel mehr, als nur eine bloße Referenz auf das Kiffen. Mittlerweile gehört sie zu den vielversprechendsten Talenten der lateinamerikanischen HipHop-Szene. Aufgewachsen in den chilenischen Städten Curicó und Arica hat Camila Durán Núñez, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, innerhalb weniger Jahre mehrere Alben und unzählige Songs veröffentlicht.
2018 tritt Sativanderground bei der chilenischen Musik-Plattform Casaparlante auf und begeistert die anwesenden Gäste nachhaltig. Die umtriebige Rapperin performt mit „Quién espera a quién“ und „Aya yai“ zwei ihrer Hits und zeigt, dass sie live ein absolutes Brett darstellt. Souverän und energetisch rappt Sativanderground inmitten der bouncenden Menge, die frenetisch klatscht, johlt und mitsingt. Live-Konzerte scheinen für die Chilenin ein wichtiger Kristallisationspunkt ihrer künstlerischen Tätigkeit zu sein. So tourt sie nicht nur unermüdlich quer durch Lateinamerika, sondern veranstaltet selbst Shows und Events.
Vor knapp zwei Jahren steht Sativanderground im Teatro Novedades mit weiteren chilenischen Künstler:innen zugunsten des Wiederaufbaus des Centro Arte Alameda auf der Bühne. Das Centro Arte Alameda agiert als ein traditionsreicher Kunst- und Kulturtreffpunkt in der Hauptstadt Santiago de Chile, der während des „estallido social“ (Proteste gegen Kostenerhöhungen, soziale Ungleichheit und die rechte Regierung 2019/2020 in Chile) als Zufluchtsort und Erstes-Hilfe-Zentrum dient. Zunehmend gerät das Zentrum in den Fokus staatlicher und polizeilicher Repressionen, bis es Ende 2019 niederbrennt.
So wie Menschen ihren Kampf gegen soziale Ungleichheit auf die Straße tragen, transportiert Sativanderground ihren Protest durch Musik. Für sie besteht HipHop aus mehr als nur Beats und Reime. Es ist Ausdrucksmittel ihrer Träume, Emotionen und ihres politischen Bewusstseins. Den Song „Mulata“ widmet sie gemeinsam mit der Rapperin La Macumba lateinamerikanischen Frauen. Auf smoothen Beats mit eleganten Saxophoneinsätzen, thematisieren die zwei Künstlerinnen Widrigkeiten, denen lateinamerikanische Frauen durch Ungleichheit und Fetischisierung ihrer Körper ausgesetzt sind. Dabei verharren sie nicht in einer Zustandsbeschreibung, sondern stellen Stärke, Widerstand und Wille zur Veränderung in den Mittelpunkt.
Hier und da taucht natürlich der ein oder andere Joint in den Texten der Rapperin auf. Doch die Beschreibung von Cannabiskonsum dient nie bloß alsMittel zum Zweck, sondern viel eher zum Erzeugen von Stimmungen, um sie für ihre Hörer:innen erlebbar zu machen.
Ich sitze brennend mit meinem…
Sativanderground, Lyrics „Resiliente“ (Original: Espero sentadita quemando con mis…. Soplaré, Las cenizas que quedan, Te lo juro lo haré, Volveré como nueva)
ich puste,
die Asche, die übrig bleibt,
ich schwöre, ich werde,
ich schwöre, ich werde so gut wie neu zurückkommen.“
Den BoomBap-Sound von Sativanderground prägen vielfältige Einflüsse weiterer fe*male Artists aus ihrem näheren Umfeld. Die Produzentin DJ Reina zum Beispiel begleitet Sativanderground seit Jahren und steht auf fast allen Veröffentlichungen in den Credits. Gemeinsam mit ihren langjährigen Begleiter:innen macht Sativanderground leidenschaftliche Musik mitten aus dem Herzen und erkämpft damit jeden Tag neue Wege und Räume, für Rapper:innen in Lateinamerika.