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Angie Martinez

Angie Martinez

„Multimedia powerhouse“, „Reigning queen of radio”, “The Voice of New York”: Die Liste der Titel, die Angie Martinez zugeschrieben werden, ist nahezu unendlich. Dazu ist diese Persönlichkeit aus dem Big Apple der perfekte Beweis für die Multidimensionalität von HipHop: Sie zählt zu den erfahrensten und besten HipHop-Journalist:innen und Radio-Hosts der Welt, hat sich aber auch als DJ, Schauspielerin, Model und natürlich als Rapperin einen Namen gemacht. Höchste Zeit, dass Angie Martinez ihren verdienten Platz bei 365 Female* MCs bekommt – mit dem sage und schreibe 888. Portrait in dieser Reihe.

Angie Martinez kommt 1971 in New York zur Welt und wächst in Brooklyn und der Bronx auf – eben jenem Schmelztiegel, in dem nur wenige Jahre später die HipHop-Kultur geboren werden soll. Von dieser ist die junge Angie natürlich sofort infiziert. Ihre alleinerziehende Mutter, die Programmdirektorin bei einem Jazzradio ist, macht sich derweil Sorgen um die schulischen Leistungen ihrer Tochter und entschließt sich, mit der damals 16-Jährigen ins beschaulichere Miami umzuziehen. Dort hat Angie Martinez ihren ersten Radiojob und sitzt an der Telefonleitung des Senders Power 96. Als sie mit 18 Jahren zurück nach New York kehrt, ist sie von der Arbeit beim Radio bereits angefixt und heuert kurzerhand bei Hot 97 als Praktikantin an. Der Sender ist damals noch weit entfernt vom HipHop-Hotspot und spielt vor allem Dance-Musik. Dass sie einige Jahre später eine der wichtigsten HipHop-Shows der Welt auf ebendiesem Sender moderieren würde, hätte die junge Angie damals wohl nie für möglich gehalten. In ihren Anfangstagen bei Hot 97 wird Funkmaster Flex auf die Praktikantin aufmerksam und fördert sie zunehmend. Flex hat bereits seine eigene Sendung. Angie Martinez landet derweil in der besten Nachmittags-Primetime mit ihrer eigenen Show und erfreut sich damit so großer Beliebtheit, dass sie von Fans als „Voice of New York“ betitelt wird – ein Name, den auch ihre Sendung tragen soll. Hot 97 bleibt sie bis 2014 treu, ehe sie zum Konkurrenten Power 105.1 wechselt – ein Schritt, der laut ihr nötig war, um das Nest zu verlassen und ihre eigene, wirkliche Stimme zu finden.

Angies Liste an Interviewpartnern liest sich wie die (HipHop-)Hall of Fame: Jay-Z, Biggie, Beyoncé und Mary J. Blige, aber auch Naomi Campbell und Barack Obama stehen dort. Als besonderen Einschnitt in ihrer Karriere nennt sie ein zweistündiges Interview mit Tupac, von dem sie nur zwölf Minuten veröffentlicht – aus Angst, es könnte den Beef Eastcoast vs. Westcoast weiter befeuern. Wo andere Journalist:innen eine Chance wittern, sich durch einen Skandal zu profilieren, ist Angie Martinez ihre Integrität und ihre Liebe zu HipHop wichtiger.

Diese Liebe bringt ihr viel Wertschätzung und zahlreiche Freundschaften innerhalb der HipHop-Szene ein. Einer dieser Freunde ist KRS-One, der Angie Martinez überredet, das Radiostudio auch mal gegen ein Tonstudio einzutauschen und einen Song mit ihm aufzunehmen. „Heartbeat“ erscheint auf KRS‘ 1997er Album „I Got Next“ und wird für Angie als MC ein erster Achtungserfolg. Kurze Zeit später hat sie einen Gastauftritt auf Lil‘ Kims „Ladies Night“-Remix neben den bereits gestandenen Rapperinnen Missy Elliott, Da Brat und Lisa „Left Eye“ Lopes. Klar, dass sich die Majorlabels um Angie Martinez nahezu prügeln, während sie weiterhin fleißig Collabo-Tracks raushaut. Ihr Debütalbum „Up Close & Personal“ erscheint 2001 über Elektra Records mit einer Featureliste, die sich wie das Who&Who der damaligen Rap-Szene liest: Snoop Dogg, Busta Rhymes, Wyclef Jean, Pharrell, Jay-Z, Mary J. Blige, Jadakiss, um nur ein paar zu nennen. Das Album erreicht Platz 32 der Charts. Mit ihrem zweiten Album „Animal House“ und der dazugehörigen Leadsingle „If I could go“ mit Lil‘ Mo und Sacario gelingt ihr ihr größer Erfolg als Rapperin.

Zwar hängt Angie Martinez das Mikrofon nie offiziell an den Nagel und unterschreibt zwölf Jahre nach „Animal House“ einen Deal bei Roc Nation, dennoch fokussiert sie sich nach ihrem Zweitling wieder mehr auf ihre Arbeit als Journalistin und verfolgt ihre Rapkarriere nicht weiter:

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It was natural for me to be on the radio but that [Rapping; Anm.d.Red.] just wasn’t for me, it was an experience, I was creative in it. Never say never but it wasn’t easy, it didn’t come second nature.”

(Angie Martinez im Interview mit Complex)

Angie Martinez hat ihren Platz gefunden und sich ihren Status als HipHop-Legende weit über ihre Tätigkeit als Rapperin hinaus erarbeitet. Seit fast 30 Jahren hat das Multitalent HipHop wesentlich mitgeprägt und nicht nur sich selbst, sondern vor allem anderen Artists immer wieder Türen und ganze Tore geöffnet.

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