It’s a male dominated field, but maybe in the future, it can be a female dominated one.“
Spice im Interview mit Revolt
And the future is now! Der 6. August 2021 ist ein ganz besonderer Tag für the Queen of Dancehall. An diesem Tag hat Spice nicht nur Geburtstag, sondern auch ihr lang erwartetes Debütalbum „10“ veröffentlicht. Zuvor hat sie zwar einen Smash-Hit nach dem anderen und 2014 ihre vielbeachtete EP „So Mi Like It“ herausgebracht, doch eine Langspielplatte war bislang nicht dabei. Dennoch gilt Spice als absolute Legende und kann als Dancehall-Deejay auf mehr als 20 erfolgreiche Jahre zurückblicken.
Doch eines nach dem anderem. Grace Latoya Hamilton, wie Spice bürgerlich heißt, wächst zunächst in Jamaika und Großbritannien auf. Unregelmäßig tritt sie auf dem Jamaica Cultural Developement Festival auf und räumt dort einen Preis nach dem anderen ab. Nach einem Musik- und Schauspielstudium, nähert sich die noch junge Künstlerin dem Dancehall. Ohne einen einzigen eigenen Song im Gepäck kann sie sich durch diverse Bühnenauftritte zunehmend Aufmerksamkeit in der Szene verschaffen. Als im Jahr 2000 auf einem Dancehall-Festival das Publikum begeistert nach einer Zugabe ruft, ist klar – diese Frau gehört ans Mic! Unermüdliches Touren erhöhen ihren Bekanntheitsgrad und so erscheint 2003 die erste Single. Es folgen Hit über Hit und ein Feature nach dem anderem. Mittlerweile etabliert sich Spice auch in der HipHop-Szene. Sogar die für ihre ikonischen und vielgeklickten Choreographien bekannte Royal Family Dance Crew, verwendet regelmäßig Songs der 39-Jährigen für ihre Auftritte.
Hingabe und Ausdauer stehen sinnbildlich für die Powerfrau, die auch ohne ein zusammenhängendes Projekt im Rücken, stetig erfolgreicher wird. Aufgrund von Unstimmigkeiten mit der Plattenfirma, verschiebt sich die angekündigte Veröffentlichung eines Longplayers immer wieder. Jetzt ist das Album endlich da und so viel kann gesagt sein – es ist ein absolutes Brett. Hingabe und Ausdauer – selbst der Titel ist metaphorisch: „10“ steht für die Jahre, die Spice daran gearbeitet hat. Das von Shaggy mitproduzierte Machwerk besticht durch harten Afro-Dancehall und Reggae-Riddims, aber auch sanfte Gesangseinlagen, R&B und Trap. Wer Spice kennt, weiß – es wird rough und meinungsstark. Weibliches und Schwarzes Empowerment ziehen sich als roter Faden durch die Songs. Schon der Opener zeigt, wo es thematisch langgeht. Mitreißend besingt sie weibliche Emanzipation und zeigt der für die jahrelangen Querelen verantwortlichen Plattenfirma selbstbewusst den Mittelfinger.
Mittelfinger hoch heißt es auch bei Rassismus, Coulorism und Homophie.
Es gibt kaum eine namenhafte Person im Dancehall, mit der Spice nicht bereits gearbeitet hat. Darunter jedoch auch Künstler, die durch homophobe Äußerungen, sexualisierte Gewalt oder Mord, aufgefallen sind. Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit sowie Sexismus finden ohne Frage im Dancehall statt – gleichwohl eine kritische Auseinandersetzung immer intensiver wird. Auch Spice positioniert sich:
I spice up the dancehall, the entire genre itself. I want to be remembered as that lyrical, energetic, vibrant female who really brought a huge light to the genre.“
Spice im Interview mit Vice
Sie engagiert Tänzer:innen aus der LGBTQI-Community für ihr Video und entwickelt sich zu einer immer lauter werdenden Stimme für die Rechte und Kämpfe von Women of Colour. In- und außerhalb der Musik.
I´m black without apologies
Spice – Black Hypocrisy
Spice steht für modernen Dancehall, der mit genretypische Klischees bricht und Grenzen, die für Frauen* in der Kunst nach wie vor bestehen, maßgeblich weitet. Clever, kraftvoll und immer tanzbar.